Ein staatliches Startkapital von bis zu 20.000 Euro für alle 18-Jährigen in Deutschland - das schlägt der Ostbeauftragte Schneider vor. Finanziert werden solle dies durch eine höhere Erbschaftssteuer.

  • Turun@feddit.de
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    10 months ago

    Ich denke Einmalzahlungen sind nicht effektiv. Mal ganz ehrlich, kaum ein 18 jähriger hat genug Erfahrung mit Geld um damit verantwortlich umzugehen. Es gibt ohne Zweifel ein paar, die mit 18 in einer finanziellen Notlage sind und dadurch ihr Leben auf die Reihe bekommen. Aber der Großteil wohnt noch bei den Eltern und wird das Geld mangels Erfahrung nicht langfristig sinnvoll einsetzen.

    Eine Ausweitung von Kindergeld oder Bafög finde ich sehr viel sinnvoller. Der Anteil an jungen Leuten, die überhaupt Bafög erhalten können, ist sehr viel niedriger als früher. Hier die Auszahlungen anzuheben und für mehr Leute zugänglich zu machen fordern junge Erwachsene gezielter.

    Das sind grob überschlagen ~20 Milliarden pro Jahr, btw.

    • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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      10 months ago

      Das sehe ich anders.

      Allein das Thema Auszug bei den Eltern, um studieren oder eine bestimmte Ausbildung machen zu können schlägt schnell mit ein paar tausend zu Buche. Kaution, Umzug, erste Einrichtung, die ersten Mieten…

      Das können Kindergeld und Bafög nicht leisten. Beim Kindergeld fängt es schon damit an, dass das Geld die Eltern beim Unterhalt unterstützen soll. Die Kinder haben keinen Anspruch darauf und beim Stereotyp von “kann mit Geld nicht umgehen” ist auch viel durch Vorbild und Erziehung geprägt. Dann triffsts da genau die Falschen.

      Beim Bafög ist das Problem, dass man ja erstmal einen Studien/Ausbildungsplatz nachweisen muss, und die ersten Zahlungen dann oft ein halbes Jahr später nachgezahlt werden. Auch da ist der Start nur möglich, wenn man schon mal ein paar Tausender vorstrecken kann oder vogrestreckt bekommt.

      Auch beim Studium ist es nicht unüblich, dass viele erst eine Woche vor, oder z.T. erst im Semester noch “nachrücken” und ihren Studienplatz erhalten. So kurzfristig kann man nur reagieren, wenn man das Geld vorher bereit hat. Volkswirtschaftlich ist das dann schnell ein Schaden von 30.000-40.000 Euro, weil wegen zwei Wochen Versatz oder drei Monate Bürokratie erst ein halbes Jahr später die Ausbildung begonnen und abgeschlossen werden kann.

      Man könnte die Auszahlung ja auch mit der Teilnahme an einer zweistündigen Beratung verbinden. z.B. eine Stunde Frontal mal aufklären, was gerade so die Mietpreise in der Region sind, vieviel man für Einkäufe ausgibt, welche Versicherungen man sich überlegungen sollte und was z.B. so ein Auto monatlich kostet. Anschließend kann man in Kleingruppen darüber reden, welche Ziele und Wünsche die jungen Erwachsenen haben und wie sie dafür das Geld sinnvoll einsetzen können. Edit: Das sind allgemein auch so Themen, die wie Sexualkunde der Entwicklung entsprechend immer mal wieder im Schulunterricht aufkommen sollten, um die Kinder dahingehend zu bilden.

      • CosmoNova@feddit.de
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        10 months ago

        Und warum soll das die Mitte der Gesellschaft finanzieren? Ausbildung und Umzug ist schwierig, weil der Lohn für Auszubildende oft ein schnelchter Witz ist und der Wohnungsbau seit Jahrzehnten hinterherhinkt. Erkläre mal hart arbeitenden Arbeitnehmern, dass sie 20mrd. Euro jährlich locker machen sollen, damit junge Erwachsene das dann an Vermieter abdrücken können und Unternehmer weiter entlastet werden, weil sie weiterhin Auszubildende ausbeuten können, weil sie ja ein Polster haben. Klar kann man mit einem Haufen Geld versuchen, ein Feuer zu löschen, aber man muss sich nicht wundern, wenn das hart nach hinten los geht. In Anbetracht der komplexen Probleme in der Gesellschaft, halte ich einfallslose Geldgeschenke für nicht effektiv.

        • GregorZ@feddit.de
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          10 months ago

          Die Mitte der Gesellschaft wird derzeit von der Erbschaftssteuer kaum bis garnicht getroffen. Die Freibeträge sind derart hoch, dass du schon wohlhabend sein musst, damit dich das tangiert. Soll das denn geändert werden?

          Ansonsten stimme ich dir insofern zu, dass mit dieser Maßnahme lediglich neues Geld in ein marodes System gepumpt wird. Die Mieten für typische Erstwohnungen werden zum Beispiel einfach deutlich steigen, der typische erste Gebrauchtwagen wird deutlich teurer werden etc.

          • CosmoNova@feddit.de
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            10 months ago

            Die Mitte der Gesellschaft wird derzeit von der Erbschaftssteuer kaum bis garnicht getroffen. Die Freibeträge sind derart hoch, dass du schon wohlhabend sein musst, damit dich das tangiert.

            Ich weiß dass das gerne so propagiert wird, stimmt aber leider vorne und hinten nicht. Die Erbschaftssteuer ist ziemlich genau so aufgebaut, dass die Mittelschicht am meisten zahlt und die allerreichsten so gut wie nichts. In wirklichkeit ist die Erbschaftsteuer und Immobilienpreise so hoch, dass die ganzen Immobilien bei Großkonzernen landen, weshalb Deutschland Europaweit Spitzenreiter der Mieter ist. Langfristig ist diese Generationsübergreifende Enteignung eine Katastrophe, deren Auswirkungen immer deutlicher werden wenn wir sehen, wie großangelegte Verhandlungen zum Wohnungsbau mit der Bundesregierung komplett ins Wasser fallen. Denn die Developer und Großvermieter lieben den Status quo. Höhere Erbschaftssteuer für die Mitte heißt höhere Mietpreise für alle.

            • GregorZ@feddit.de
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              10 months ago

              Im Schnitt wurden in den letzten Jahren Vermögen in Höhe von 85.000 Euro vererbt.

              Der Freibetrag beträgt für Ehegatten bereits 500.000 zuzüglich 256.000 Euro Versorgungsfreibetrag.

              Für Kinder sind es noch 400.000 zuzüglich Versorgungsfreibetrag.

              Bei diesen Summen reden wir nicht von Oma klein Eigenheim.

              Daher hinterfrage ich die These, dass die Erbschaftssteuer die Mittelschicht trifft.

              • Killing_Spark@feddit.de
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                10 months ago

                Du hast hier insofern einen Punkt als dass es nicht die klassische Mittelschicht trifft sondern nur das obere Ende die es geschafft hat deutlich überdurschnittlich Vermögen anzuhäufen. Also die Leute die als “Leistungsträger” bzw als das große Vorbild der Mittelschicht dargestellt werden. Insofern fühlt sich der Rest der Mittelschicht eben auch bedroht weil sie gerne diesen Status erreichen würde und es als realistische Zukunft für sich selbst einschätzt (ob sie tatsächlich so realistisch ist sei mal dahin gestellt).

                Was aber auch stimmt, und was man nicht vergessen sollte: Die kapitalistische Klasse ist davon zu großen Teilen auch nicht betroffen. Betriebe können Steuerfrei vererbt werden oder mit einem deutlichen Steuerabschlag je nach dem welchen Weg man genau wählt.

                Insofern habt ihr beide Recht, es trifft in aller Regel Arbeiter, auch wenn es nur die wohlhabendsten der Arbeiter trifft.

          • Turun@feddit.de
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            10 months ago

            Ich glaube kaum, dass die vorgeschlagene Erbschaftssteuer zweckgebunden wäre. Oder ob so was überhaupt möglich ist, zweckgebundene Staatseinnahmen.

            Alles was aus dem Staatshaushalt finanziert wird trifft alle, die Steuern und Abgaben an den Staat zahlen. Allen voran durch Einkommenssteuer. Und davon sind nun mal Arbeiter betroffen.

            • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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              10 months ago

              Wenn die Erbschaftssteuer so angehoben wird, dass es die Mehrausgaben gegenfinanziert, dann ist das zwar nicht zweckgebunden, aber sicher keine Mehrbelastung für Arbeitnehmer. Das Argument finde ich aucha llgemein schwach, weil sich damit jede Staatsausgabe als “guck mal was die Arbeitnehmer bezahlen müssen, das ist ja ungerecht” wegargumentieren lässt, und die Nutznießer am Ende v.a. die Vermögenden sind, die wegen der geringeren Staatsausgaben noch weniger Steuern zahlen und die normalen Arbeitnehmer gebeutelt sind, weil sie von den Ausgaben profitieren, z.B. weil ihre Kinder vernpnftige Kita- und Schulplätze haben, für die sie nicht selber zahlen müssen.

      • Turun@feddit.de
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        10 months ago

        Kinder haben einen Anspruch auf Unterstützung durch die Eltern und ihr Kindergeld, btw. Wenn die Eltern sich bei sowas querstellen haben die auch genügen Druck um die ordentliche Auszahlung der vorgeschlagene Einmalzahlung zu unterbinden. Ob das monatlich oder auf einmal kommt ändert an den Eltern ja nix. Es will natürlich keiner die eigenen Eltern verklagen, aber der Anspruch ist da und man kann meines Wissens nach zumindest die Auszahlung des Kindergeldes auf das eigene Konto relativ leicht bekommen.

        Die Bearbeitungszeiten beim Bafög sind ein Thema für sich. Die sollte man so oder so Mal verbessern.

        Man könnte die Auszahlung ja auch mit der Teilnahme an einer zweistündigen Beratung verbinden. z.B. eine Stunde Frontal mal aufklären, was gerade so die Mietpreise in der Region sind, vieviel man für Einkäufe ausgibt, welche Versicherungen man sich überlegungen sollte und was z.B. so ein Auto monatlich kostet. Anschließend kann man in Kleingruppen darüber reden, welche Ziele und Wünsche die jungen Erwachsenen haben und wie sie dafür das Geld sinnvoll einsetzen können. Edit: Das sind allgemein auch so Themen, die wie Sexualkunde der Entwicklung entsprechend immer mal wieder im Schulunterricht aufkommen sollten, um die Kinder dahingehend zu bilden.

        Das würde ich genau so unterschreiben. Die angesprochenen Themen sind super wichtig. Da sind wir wieder im Bereich “Bürokratie? Darf’s auch ein bisschen mehr sein?”, aber mit so einer “Fortbildung” finde ich eine Einmalzahlung vertretbar.

    • Sodis@feddit.de
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      10 months ago

      Und wie viele davon leben noch zwangsweise bei den Eltern, weil sie es sich nicht leisten können auszuziehen? Bafög ist nur für Studenten oder Schüler im zweiten Bildungsweg, damit setzt du falsche Anreize, weil wir keinen Mangel an Studenten sondern Azubis haben.

      Abgesehen davon ist ein Privileg eines gut betuchten Elternhauses, dass du ein Sicherheitsnetz hast, falls du dich für den falschen Weg entscheidest und dann verhaust. Mit so einem Startkapital können auch Jugendliche aus den unteren Schichten mehr Risiko eingehen, ihrem kaputten Elternhaus entfliehen und und und.

      • Turun@feddit.de
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        10 months ago

        Genau so eine Ausweitung würde ich doch befürworten! Die Gehälter, die man in der Ausbildung (oder Pflichtpraktika) erhält sind wirklich unverschämt niedrig.

        Wenn du dich für den falschen Weg entscheidest hilft dir eine Einmalzahlung auch nicht, Elternhaus hin oder her…

    • TheWheelMustGoOn@feddit.de
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      10 months ago

      Naja man kann es ja schrittweise auszahlen oder monatlich oder whatever. Aber ich hatte das Glück schon ein bisschen Geld zu haben mit 18 und irgendwie hab ich es nicht sinnlos verballert. Obwohl ich es nur geerbt habe…

      Und ja sind vielleicht 20mrd aber das soll ja durch Erbschaftssteuer eingetrieben werden

      • Turun@feddit.de
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        10 months ago

        Ein gesteigertes Kindergeld wäre nicht schlecht denke ich. Man bekommt progressiv mehr um sich selber ein Leben aufzubauen. Am besten mehr oder weniger erzwungen auf ein Konto, das dem Kind gehört und nicht den Eltern.

        Die 20mrd wollte ich nur als Anhaltspunkt mal erwähnt haben. Überschlagen aus 80 Jahre Lebenserwartung, 80 Millionen Einwohner, 20k€ pro Kopf. Es ermöglicht halt Mal einen Vergleich zu den Ausgaben, die der Staat sonst so tätigt. Ein Jahr 9€ Ticket würde 10mrd kosten, die Bahn wird jetzt für vier Jahre lang mit 20 statt 10mrd pro Jahr modernisiert, die Rentenkasse wird vom Bundeshaushalt mit 110(? Wächst jedes Jahr)Mrd bezuschusst, etc