- cross-posted to:
- inperson@slrpnk.net
- cross-posted to:
- inperson@slrpnk.net
Wir wollen die Anarchie. Wir wollen Freiheit und Autonomie für alle ohne Herrschaft und Grenzen. Wir wollen die Umwälzung des Bestehenden. Wir wollen die soziale Revolution.
Daran hat sich seit dem letzten ACAT-Treffen nichts geändert. Letztes Jahr sind unter anderem folgende Fragen dort diskutiert worden: Die Frage ob spezifische Kämpfe heute immer noch ihre Gültigkeit haben bzw. ob sie notwendiger denn je wären, inwiefern wir angesichts dystopischer Zustände in soziale Kämpfe intervenieren wollen und wie, die Vereinnahmung antiautoritärer Kämpfe durch Autoritäre (am Beispiel der Appelist*innen in der ZAD in Nantes, Frankreich), über die digitale Einhegung und den Widerstand dagegen (am Beispiel des Gefährten Boris in Frankreich und die anhaltenden Kämpfe gegen das sich global ausbreitende digitale Freiluftgefängnis dort), die Geschichte der aufständischen Methode im Anarchismus, Krieg, und das Patriarchat in seiner techno-industriellen Form. [Die Diskussionstexte vom letzten Jahr findest du hier]
Dieses Jahr wollen wir wieder zusammenkommen, um aufeinander zu treffen und ohne Bildschirme zwischen uns in Austausch zu treten. Wir wollen diskutieren. In großen und kleinen Gruppen, mit neuen Gesichtern und alten Bekannten. Mit der Erfahrung vom letzten Jahr, haben wir uns entschieden, die Diskussionen auf drei Thementage mit jeweils zwei Diskussionen pro Tag zu beschränken. (Spontane Diskussionen können natürlich jederzeit wieder gestartet werden).
Die Themen werden die folgenden sein:
- Internationale Solidarität
- Extraktivismus
- Krieg
Das Treffen findet vom 30. Mai bis zum 2. Juni im Hambacher Forst statt. Die Diskussionstage sind Freitag, Samstag, und Sonntag. Anreisetage sind Mittwoch der 29. und Donnerstag der 30. und Abreisetag ist Montag der 3. Juni.
Bringt eure Distros!
Für Verpflegung wird gesorgt. Zelte, Schlafsäcke und Matten müssen mitgebracht werden. Menschen, die nicht im Zelt schlafen wollen, meldet euch bitte, wir werden Alternativen (die auch kein Klettern beinhalten) organisieren, diese werden aber von der Anzahl her begrenzt sein und zuerst an Leute gehen, die diese brauchen, um am Treffen teilhaben zu können.
Um uns zu kontaktieren oder wenn ihr Fragen habt, kontaktiert uns unter:
acat [äd] supernormal.net pgp-key hier
Ein detailliertes Programm, sowie Details zur Anreise und weitere Infos folgen Anfang Mai auf unserem Blog https://acat.noblogs.org/
Willkommen sind alle Anarchistinnen, alle wilden Herzen, freien Geister, Subversive und Rebellinnen, die sich in dieser Einladung wiedererkennen.
Nichtsdestotrotz – und mit der Erfahrung vom letzten Jahr und anderen Treffen – wollen wir dieses Jahr einen kleinen Disclaimer beifügen, wer sich überlegen sollte, ob er*sie wirklich kommen will:
-
Leute, die moderierte Diskussionen, Redner*innenlisten und andere sozialkybernetische Modalitäten erwarten. Ihr könnt euch gerne für Kleingruppendiskussionen so frei assoziieren, aber die meisten Diskussionen werden nicht so geführt werden.
-
Leute, die erwarten, dass es bei einem Diskussionstreffen ein Awareness-Team gibt, weisen wir im Vorhinein darauf hin, dass es keines geben wird.
-
Leute, die Party und Konsum erwarten. Es gibt genug Möglichkeiten dafür, ein Diskussionstreffen und der Wald sind vielleicht einfach nicht der Rahmen.
-
Leute, die im Bezug auf die Kriegsfrage, die Einreihung von Anarchistinnen unter der ein oder andern (proto)-staatlichen Formation befürworten bzw. andere Anarchistinnen (moralisch) dazu drängen wollen für diesen oder jenen Staat Partei zu ergreifen (und zu kämpfen), bitte bleibt dem Treffen fern.
Ich bin selbst kein belesener Anarchist, aber ich würde dennoch sagen, dass die Anarchie eine sehr strikte Form der (Basis-)Demokratie ist. Der Fokus liegt eben auf der Herrschaftsfreiheit.
Gruppen organisieren sich Basisdemokratisch und probieren wo immer möglich Konsensentscheidungen auszuhandeln.
Müssen Entscheidungen auf höheren Ebenen getroffen werden, wird es föderalistisch organisiert. Gruppen senden Delegierte, die aber (anders als in „republikanischen“ Repräsentant*innen-Systemen) rechenschaftspflichtig und imperativ-gebunden sind. Sie dürfen also nur im Sinne ihrer Gruppe und des aktuellen Mandates abstimmen, nicht darüberhinaus und können jederzeit abgewählt werden. Es gibt keine Parteien, keine Fraktionen, keine Regierung, keine Opposition. Natürlich können adhoc Koalitionen gebildet werden.
Ergänzend: Habe gerade in deinen verlinkten Beitrag gelesen. Der Text vertritt augenscheinlich eine sehr reine (utopische?) Lehre. Das von mir beschriebene lässt sich wahrscheinlich eher in einem anarcho-syndikalistischen Umfeld verorten.
Das was du beschreibst ist sicherlich etwas, was für einige anarchistische Gruppen gilt, aber bei weitem nicht für alle.
Viele lehnen (Basis)demokratie ab, ich denke die Menschen aus dem verlinkten Event beispielsweise auch.
Von den verschiedenen “Varianten” der Anarchie, die hier erklärt oder verlinkt wurden kann ich mit der, die du beschreibst, am meisten anfangen. Ich würde es aber (als Laie!) ähnlich wie punkisundead so einschätzen, dass du damit schon relativ weit von purer Anarchie entfernt bist.
Was du beschreibst ist für mich eher relativ “normale” Demokratie. Der föderalistische Gedanke ist ja sogar in der deutschen Demokratie relativ stark verankert. Als kleinste Einheit dann im Prinzip die einzelnen Haushalte (“Familienrat”) und von dort ausgehend dann in verschiedenen Dimensionen hierarchisch nach oben. Bei der Legislative dann von Gemeinderat, Stadtrat, Landtag, Bundestag, EU-Parlament. Analog bei der Judikative dann die verschiedenen Gerichte, wo es mit (eingeschränkten Befugnisse) ja sogar bis zu internationalen Institutionen geht.
Der Hauptunterschied zum aktuellen, deutschen System wäre nach meinem Verständnis, dass es keine gewählten, längerfristige Repräsentanten mehr gibt, sondern Mandate relativ spontan und Von den verschiedenen “Varianten” der Anarchie, die hier erklärt oder verlinkt wurden kann ich mit der, die du beschreibst, am meisten anfangen. Ich würde es aber (als Laie!) ähnlich wie punkisundead so einschätzen, dass du damit schon relativ weit von purer Anarchie entfernt bist.
Was du beschreibst ist für mich eher relativ “normale” Demokratie. Der föderalistische Gedanke ist ja sogar in der deutschen Demokratie relativ stark verankert. Als kleinste Einheit dann im Prinzip die einzelnen Haushalte (“Familienrat”) und von dort ausgehend dann in verschiedenen Dimensionen hierarchisch nach oben. Bei der Legislative dann von Gemeinderat, Stadtrat, Landtag, Bundestag, EU-Parlament. Analog bei der Judikative dann die verschiedenen Gerichte, wo es mit (eingeschränkten Befugnisse) ja sogar bis zu internationalen Gerichten geht.
Der Hauptunterschied zwischen deinem und dem aktuellen, deutschen System wäre nach meinem Verständnis, dass es keine gewählten, längerfristige Repräsentanten mehr gibt, sondern Mandate nur spontan und immer wieder neu vergeben werden. Das stelle ich mir organisatorisch allerdings sehr herausfordernd vor. Bei der Vielzahl an Entscheidungen, die ständig auf allen Ebenen getroffenen werden müssen und bei denen jede Entität ein Initiativrecht hat, wüsste ich spontan nicht, wie man da systematisch arbeiten soll.
Wenn jemand in Dorf 15714 ein Anliegen hat, müssen ja erstmal ALLE Menschen an allen anderen Orten darüber informiert werden, um überhaupt festzustellen, wer sich dafür interessiert. Ob man sich für ein Thema interessiert ist dabei ja keineswegs trivial, da man als Außenstehender ja nicht immer alle Auswirkungen der Entscheidung überblicken kann.
Wenn man dann aus allen lokalen Communities diejenigen identifiziert hat, die sich für eine Abstimmung interessieren und die Verhandler bestimmt hat, müssen all diese Leute erstmal einen gemeinsamen Termin finden, sich kennenlernen, ein wenig Vertrauen aufbauen und sich eben auch thematisch einarbeiten in das Thema, bis dann endlich eine Entscheidung gefällt wird, die dann wiederum an alle kommuniziert und erklärt werden muss.
Wenn dann drei Tage jemand anderes im anderen Dorf 25822 ein artverwandtes Thema hat, kommen dann wieder ganz andere Leute zusammen, die dann ggf. nach der ganzen Einarbeitung eine widersprüchliche Entscheidung treffen (z.B. bei der ersten Entscheidung wird der Bau eines neuen Binnenhafens beschlossen und bei der zweiten, ein neuer Stausee, wodurch der Hafen nicht mehr erreichbar ist).
In meiner Vorstellung würde das in einem gigantischen Chaos enden, wo schlecht informierte Leute schlechte Entscheidungen treffen und dafür noch exorbitant viel Zeit benötigen. wieder neu vergeben werden. Das stelle ich mir organisatorisch allerdings sehr große herausfordernd vor. Bei der Vielzahl an Entscheidungen, die ständig auf allen Ebenen getroffenen werden müssen und bei denen jede Entität ein Initiativrecht hat, wüsste ich spontan nicht, wie man da systematisch arbeiten soll.
Im Gegensatz dazu sind Vollzeitpolitiker, die für einen längeren, aber beschränken Zeitraum gewählt werden, in meiner Vorstellung geradezu hocheffizient (zumindest in der Theorie ;)). Sie treffen regelmäßig zu festen Zeiten an festen Orten zusammen und haben einen festen Zuständigkeitsbereich. Sie können sich auf bestimmte Fachgebiete spezialisieren, kennen die Historie zu bestimmen Anliegen, wissen, was wann und warum vorher einmal entschieden wurde und können mehrere anstehende Entscheidungen bündeln.
Die Nicht-Politiker sind durch diese festen Strukturen stark entlastet. Sie können sich in der Politik mit den Themen beschäftigen, die sie interessieren, müssen aber nicht ihr ganzes Leben danach ausrichten. Sie können sich einbringen auf verschiedenen Ebenen und regelmäßig die verschiedenen Gremien wählen, können sich aber ansonsten auf ihr eigenes Leben, den eigenen Job, die eigene Familie konzentrieren.
Das Hauptproblem in unserem aktuellen System ist für mich weniger die Demokratie, sondern eher der ausartende Kapitalismus und in der Folge Korruption und Lobbyismus.
Wie gesagt: Ich habe mich nie dezidiert mit Anarchistischer Theorie auseinandergesetzt.
Ich halte sehr viel von autonomen und selbstverwalteten Initiativen — habe auch schon selbst bei einigen mitgemacht, bspw. Premium Cola oder Utopiastadt hier in Wuppertal. Auch bei uns in der Firma versuchen wir die Hierarchien so flach und Projektteams so klein wie möglich zu halten. Da passiert sehr viel dynamisch und spontan, das hat natürlich mit (Selbst-)Vertrauen zu tun.
Grundsätzlich glaube ich, dass deine Problem-Schilderungen etwas überzogen sind. An vielen Stellen würde natürlich das Subsidiaritätsprinzip greifen und — auch wenn Repräsentant*innen nur imperativ gewählt sind — sind sie ja dennoch für bestimmte Aufgaben gewählt. Darüberhinaus treffen schlecht informierte Leute auch heutzutage schon schlechte Entscheidungen. Das ist eher ein Problem politischer Bildung und medialer Aufklärung. Viele Menschen wählen auch heute schon entgegen ihren eigenen Interessen. Da bräuchte es einfach mehr Zeit für gesellschaftliches Engagement — deshalb halte ich u.a. die generelle Einführung der 4Tage/32Std. Woche bei vollem Lohnausgleich für sehr wichtig.
Was Dir anscheinend nicht bewusst ist: Lokalpolitik ist auch heute kein Job, sondern ein Hobby, das mensch sich erstmal leisten können muss. Da sitzen eben auch keine Profis.
Ich bin aber bei Dir: Ganz ohne Regeln und Verwaltung können Probleme größeren Ausmaßes nicht gelöst werden. Weshalb ich glaube, dass Anarchie immer erstmal nur annäherungsweise funktionieren kann.
Beim Föderalismus kommt es ja auch auf die Implementierung an: top-down oder bottom-up. Exekutiv-, Parlaments- oder Direktwahl-Föderalismus. Checks and Balances. Da gibt es zig Möglichkeiten den einzelnen Gliedern mehr oder weniger Autonomie/Unabhängigkeit zu geben. Auf Reddit habe ich lange das „europäische Föderalisten“ Sub aktiv moderiert, da gab es zu der Zeit auch viele gute, tiefe Diskussionen zu einer tatsächlichen EU-Föderation.
Ich würde mir in Deutschland beispielsweise mehr Unabhängigkeit (und finanzielle Mittel) für die Kommunen wünschen.
Hier stimmen wir zu 100% überein. Der Kapitalismus hat meiner Meinung nach seinen Zenit lange überschritten und es zeigt sich an allen Ecken und Enden, dass Privatisierung und unternehmerische Prozessoptimierung bei sozialen und gesellschaftlichen Problemen fehl am Platz sind. Wenn jahrzehntelange gespart wird, dann muss sich keiner wundern, wenn die Infrastruktur kaputt ist und Fachkräfte fehlen.